Schrift in ihrer großen Vielfalt

Hier gibt es einen Einblick in mein kalligrafisches Repertoire. Gleichzeitig liefere ich etwas Hintergrundwissen zu den abgebildeten Schriften. Die reiche Schrifthistorie hat allerdings noch viel mehr zu bieten.

Die Schriften, die ich besonders gut beherrsche, sind verständlicher Weise auch die, die ich besonders mag. Schrift hat auch immer mit Vorlieben und persönlichem Naturell zu tun. Aber natürlich spielt bei der Auswahl einer Schrift der Text und dessen Inhalt eine entscheidende Rolle.

Der Reiz der historischen Schriften liegt nicht unbedingt in ihrem Kopieren, sondern grade die freie Interpretation hat ihren Reiz. Nichts ist „in Stein gemeißelt“! Apropos „in Stein gemeißelt“ – die Grundlage für die Mehrzahl unserer heutigen Gebrauchsschriften haben wir von den Römern übernommen (erstes Bild).


DIE ANTIQUA
Die Versalien (Großbuchstaben) weisen keine fliessenden handschriftlichen Elemente auf, sondern stehen für sich. Ursprünglich in Stein gemeißelt, wurden sie sehr wahrscheinlich mit einem Breitwerkzeug (bspw. Breitpinsel) vorgeschrieben, das einen Wechselstrich von fett zu fein entstehen lässt.


DIE RÖMISCHE MINUSKEL
Um zügiger zu schreiben, hatten die Römer auch schon eine kursiv laufende Schrift. Der handschriftliche Charakter wird deutlich, bedingt durch die Einbindung von Kleinbuchstaben. Bis ins Mittelalter hinein wurde diese Schrift geschrieben.


DIE TEXTUR
Ganz der Formensprache der Gotik verpflichtet, ist die Textur eine aufrecht stehende eng laufende Schrift, deren Elemente Ecken und Kanten aufweisen. Dennoch suchen die Buchstaben die Verbindung.


DIE BASTARDA
Die Bastarda ist eine Zwischenform, ein Zwitter sozusagen. Sie greift Elemente der Gotischen Buchschriften auf, wird aber auch schon durch runde Elemente geprägt. Die Individualität des Schreibenden und die Region bestimmten maßgeblich die Form. Eine Besonderheit ist das die Schrägstellung des langen „s“ (siehe Beispiel).


DIE HUMANISTISCHE ANTIQUA
In der Renaissance entdeckte man die Antiqua der Römer wieder. Aus verschiedenen Einflüssen (bspw. Römische Kursive, Karolingische Minuskel) formten sich die Kleinbuchstaben. Die Großbuchstaben wurden eins zu eins von den Römern übernommen. Die Mehrheit unserer „Leseschriften“ basiert auf dieser Schrift. Serifen – die kleinen „Füßchen“ an Ein- und Ausgängen – prägen die Formen.


DIE HUMANISTISCHE KURSIVE
Eine weitere Schrift der Renaissance. Durch ihre leichte Schräglage wurde es möglich, die Schreibgeschwindigkeit zu erhöhen. Die Buchstaben suchen die Verbindung und „laufen“ förmlich. Die Schrift ist die Vorlage für unsere heutige verbundene Schreibschrift, die an den meisten Schulen unterrichtet wird. > Schulausgangsschrift, SAS


DIE COPPERPLATE
Die Englischen Schreibschriften treiben es im Klassizismus dann quasi auf die Spitze. Mit der Spitzfeder geschrieben, versuchte man sich dem filigranen Kupferstich anzunähern. Der Kontrast zwischen dick und dünn entsteht ausschließlich durch den unterschiedlichen Druck beim Schreiben. Für festive Anlässe sicher gut geeignet, aber doch etwas divenhaft.


Das verwendete Werkzeug hat immer einen Einfluss auf den Charakter einer Schrift. Seine Spuren dürfen lesbar sein und sind sogar gewünscht. Experimentieren ist erlaubt! Buchstaben zu Wortbildern werden lassen – eine spannende Angelegenheit.

Pinselschrift angelehnt an Humanistische Kursive

Spielerei mit Großbuchstaben 1 (Redisfeder)

Spielerei mit Großbuchstaben 2 (Breitwerkzeug/Automatic Pen)